Wer kommt denn da?
Hallo ihr alle, schön dass ihr mir noch folgt. Es hat sich ja wieder mal gezeigt, dass ich sowohl eine vorausschauende als auch eine erfahrene Fliegerin bin. Meinen letzten Flöt mit euch hatte ich nämlich keinen Moment zu früh beendet!
Unmittelbar nachdem wir uns getrennt hatten, ergossen sich Ströme von Wasser aus den über mir schwebenden, dunklen Wolken. Dazu wurden zeitgleich Blätter und Zweige von einem launischen Wind in der Luft hin und her gewirbelt. Selbst die Bäume nahmen den hektischen Rhythmus der Luft auf, wodurch manche von ihnen bei mir den Eindruck erweckten, sie müssten jeden Moment entzweibrechen. Nur wenig später zuckten auch schon grelle Lichter durch die Dunkelheit und zerteilten die Schwärze des Himmels. Begleitet wurde diese bedrohliche Szenerie von entsetzlich lauten Geräuschen, die sich fast so anhörten, als würde der Waldwichtel persönlich, wie von Sinnen mit einem riesigen Baumstamm die herumliegenden Felsen schlagen!
Zum Glück hatte ich in einer großzügigen Aushöhlung in der Buche Schutz gefunden. Ich vermutete, dass die irgendein Artgenossen vor langer Zeit geschaffen hatte. Vielleicht war es ursprünglich mal eine Nisthöhle oder ein Vorratslager gewesen, doch nun war sie unbewohnt und leer. Dadurch war es mir möglich, dass ich dem Treiben des Wetterwichtels in Ruhe zuschauen konnte, ohne dass ich dabei durch die Gegend geblasen wurde. Meine Zuflucht bot mir sogar noch mehr als nur Schutz, denn der Baum bewegte sich angenehm sanft hin und her. Seine Wurzeln hatte er offensichtlich ganz tief in der Erde vergraben, wodurch dieses Schwingen möglich war, ohne dass er dabei entwurzelt wurde.
Ich war froh darüber, dass ich mich nun nicht weiter südlich befand, denn da schien der Wetterwichtel mit ganzer Kraft zuzuschlagen. Ohne Unterlass zuckten dort grelle Lichter in Richtung Boden, Blitze seien das, hat mir zumindest Bickamuck mal vor einiger Zeit erzählt.
Jetzt bedauerte ich, dass ich mir keine dieser dunklen Beeren mit in die Aushöhlung genommen hatte – das hätte mir die Warterei bestimmt angenehmer gemacht. Nun wäre es aber viel zu gefährlich gewesen, zu den Sträuchern hinab zu fliegen und so musste ich darauf warten, dass der olle Wetterwichtel wieder Ruhe gab. Es gab Schlimmeres, sagte ich zu mir und kauerte mich gemütlich zusammen. Da schlug ein Blitz direkt vor dem Baum in den Boden und ein dunkler Schatten glitt urplötzlich zu mir in den Unterschlupf hinein!
Der Schatten stieß einen schrillen Pfiff aus, der mir in meine Ohren stach.
„Hallo Frau Platsch, was machst du denn hier?“, fragte er mich freudig und fuhr dann fort, „Wir haben diese Behausung hier schon vor langer Zeit aufgegeben, da Zutzut mal wieder dringend ein neues Nest gebaut bekommen wollte – wie jedes Jahr!“, fügte Tari leidend hinzu, den ich jetzt natürlich wieder erkannte!
Ich konnte sein Leid zwar gut verstehen, aber wozu suchten wir uns wohl einen Gefährten? Bestimmt nicht um uns schlaue Sprüche von ihm anzuhören! Wenn wir auf unserer Suche nach einem Partner auf ein männliches Exemplar treffen, plustert sich dieses immer sofort auf und verspricht uns lauter schöne Dinge. Wenn wir uns aber mit ihm einlassen, sitzen wir nachher alleine auf den Eiern und müssen uns dazu seine Beschwerden anhören. Na ja, meistens jedenfalls!
Tari ist ein Buntspecht, den ich schon ziemlich lange kenne. Er ist jemand, mit dem man schnell ins flöten kommen kann und nachdem wir uns richtig begrüßt hatten, rückten wir ein wenig enger aneinander. Zum einen, weil die Aushöhlung nicht allzu geräumig war und zum anderen, weil es uns dadurch wärmer wurde. Nur das Thema Flöhe bereitete mir wie immer ein wenig Sorgen, da ich ja nicht wusste, ob er welche mitgebracht hatte. Aber es gibt Situationen, wie diese beispielsweise, in denen man ohne groß nachzudenken über seinen Schatten hüpfen sollte!
„Ich bin total vom Unwetter überrascht worden. Zutzut hatte Hunger auf etwas Besonderes und da sie auf unseren Nachwuchs aufpassen wollte, hat sie mich losgeschickt. Ich suchte im Unterholz nach etwas Leckerem
und habe natürlich dabei nicht auf den Himmel geachtet. Als der Wetterwichtel dann mit der Toberei begann, habe ich mich zu meinem Glück noch an unsere alte Behausung erinnert und so bin ich jetzt hier!“, erklärte er mir und kam damit meiner Nachfrage zuvor. Jedenfalls hätte ich es schlimmer treffen können, denn es ist deutlich angenehmer zu zweit darauf zu warten, dass der Wetterwichtel sich wieder beruhigt, als alleine seinem Wüten zuzusehen.
Worüber wir uns unterhalten haben, werde ich euch morgen erzählen, da es mal wieder spät geworden ist. Zum Ausklang wünsche ich euch jetzt federleichte Gedanken und sage Tralala bis morgen, oder unter www.papolupatal.de.
F. Platsch